Das macht es für viele schon zu etwas abstraktem und wenig greifbarem. Hinzu kommt außerdem, dass in unserer Kultur und ganz speziell in Deutschland, ausgesprochen wenig gesungen wird. In einer Gruppe sowas singen, damit kommen sich viele gleich spooky und abgedreht vor und sperren sich innerlich. Weil Mantras für mich so wertvollen sind und einen großen Beitrag zur unserem Leben und einer gelungenen Yogastunde leisten können, möchte ich sie gerne einem breiteren Publikum zugänglich machen und widme ihnen daher diesen Post. Zuerst die offizielle Definition: Was ist ein Mantra? Der Ursprung des Begriffs liegt im sanskritischen mantra (Spruch, Lied, Hymne). Ein Mantra kann eine Silbe, ein Wort oder (meistens) eine Wortfolge sein, die wiederholt aufgesagt, gedacht oder gesungen wird. Ihren Ursprung hat diese Tradition im Hinduismus und soll als zentraler Bestandteil des Meditierens den Geist in Einklang mit dem Universum bringen. Auch Fokussierung auf eines der Energiezentren im Körper und dessen Beeinflussung kann Ziel des Mantras sein. Im übertragenen und vom religiösen Kontext gelösten Sinne meint man mit einem Mantra heute auch einen formelhaften Spruch. Ein solcher kann als Leitsatz für eine Gruppe von Menschen dienen, der Bekräftigung der eigenen Motivation uvm. * Beschäftigt man sich aus dem Yoga Hintergrund tiefer mit Mantras, so lässt sich der spirituelle Grundgedanke wie folgt beschreiben: Mantras sind traditionell Energien, die schon immer im Universum existierten und weder erfunden noch vernichtet werden können. Sie wurden von Weisen (Rishis) in tiefer Meditation empfangen. Mantras sollten befreien und haben eine sehr starke energetische Wirkung. Um diese Energien zu aktivieren wird das Mantra in einem bestimmten Rhythmus und in möglichst korrekter Aussprache wiederholt. Es gibt viele verschiedene Mantras mit unterschiedlichen Wirkungen. Der Ton ist eine Energieform aus Schwingungen oder Wellenlängen. Bestimmte Wellenlängen haben die Kraft zu heilen, andere können Glas zerspringen lassen. Mantras sind Sanskritsilben, -wörter oder -sätze, die durch Wiederholung in der Meditation das Individuum in einen höheren Bewusstseinszustand versetzen. *² Sanskrit, die Sprache in der Mantras generell verfasst sind, ist eine uralte Sprache, ja vermutlich die älteste Sprache, die heute noch gesprochen wird und mindestens 3.500 Jahre alt, wie Indologen sagen. Inder behaupten sie sei 7.000 Jahre alt oder noch älter. Man sagt sogar, dass sie die Sprache ist, die mit dem Urklang entstand. Daher werden ihr zusätzlich besondere "Kräfte" zugesprochen. Soviel zur Theorie. Doch wie sieht es mit der Praxis aus? Spürt man wirklich etwas, oder ist das nur viel abgedrehtes Geredet? Als mich mit Mantras in Berührung kam, war ich noch völlig in dem konservativen Gedankengut verhaftet, mit dem ich auchgewachsen bin. Daher gestehe ich euch an dieser Stelle gerne, dass ich Mantras selbst ziemlich befremdlich und sonderbar fand. Zumal sich keiner die Mühe gemacht hatte mir zu erklären, wovon das Mantra handelte, das ich "nachplappern" sollte. Aber getreu meinem Motto "wer nichts wagt, der nicht gewinnt" habe ich es einfach ausprobiert. Nachdem ich meine anfängliche Skepsis überwunden hatte, stellte ich zunächst einmal ganz nüchtern fest, dass die Sanskrit Worte meinen Körper viel stärker zum Vibrieren brachten, als wenn ich auf deutsch oder englisch Worte sang oder sprach. Nach einer weiteren Weile merkte ich, dass ich mich innerlich ausgeglichener fühlte, wenn ich eine Weil ein Mantra wiederholt hatte. Also begann ich damit, ein Mantra das mich ansprach für mich auf zu sagen, wenn ich innerlich unruhig war. Während meiner Yogalehrerausbildung tauchte ich schließlich tiefer in die Welt der Mantras ein. Ich erforscht, wofür die verschiedenen Mantras stehen und pflegte eine intensive täglichen Chanting-Praxis, nämlich mit einer Mala-Kette 108 mal das gleiche Mantra zu wiederholen. Das alles entfachte schließlich meine Liebe zu Mantras. Zum einen, weil ich schnell merkte, dass Mantras gar nicht so abstrakt sind, wie sie uns erscheinen, sondern sich viel mehr für jede Lebenssituation ein spezielles Mantra finden lässt, dass uns besonder Kraft gibt. Zum anderen, weil ich an meinem eigenen Körper und Geist erfahren konnte, wie kraftvoll Mantras sind. Ich war früher ein sehr kopflastiger Mensch. Morgens mit Plapper-Monkey-Mind aufwachen, den ganzen Tag im Hintergrund das Rauschen des Kopfes hören und abends damit einschlafen war mein Leben. Dank der Yogastunden wurde dieser Kopf schon deutlich ruhiger, so dass ich besser schlafen konnte und mehr entspannte. Den ausschlaggebenden Hebel legten aber Mantras & Meditationen um. Meine intensive Praxis begann ich mit einem ganz einfachen und kurzen Mantra: Yogas Chitta Vritti Nirodaha Bedeutung: Yogas = Yoga ist, Einheitsbewusst sein Chitta = Geist, Verstand, Geistfeld Vritti = Gedankenwellen, Geistesbewegungen; auch Prägungen, Vorurteile, Impulse Nirodhah = Zur Ruhe bringen, aufhören, beherrschen, kontrollieren Kurz: „Yoga ist das zur Ruhe bringen der Gedanken und des Geistes.“ Das klingt gar nicht so "abgespacet" wie gedacht oder? Ich setzte mich morgens vor der Arbeit auf mein Meditationskissen und wiederholte dieses Mantra 108 mal voller Inbrunst und konzentrierte mich auf die Bedeutung, so gut es mir möglich war. Es ist nahezu nicht in Worte zu fassen, wie still und friedlich der Geist mit ein wenig Übung von dieser simplen Praxis werden kann. Mhhhh... durchatmen, innerlich aufatmen, weil es endlich ruhig ist. Sich ganz ungefiltert von sollen, müssen, nicht dürfen wahrnehmen. Herrlich. Es ist mir eine liebe Gewohnheit geworden, regelmäßig vor dem Meditieren und auch unterwegs Mantras zu chanten oder zu singen, weil sie meinen Kopf so schön runterfahren und mich innerlich harmonisieren. Genau diese Erfahrungen teilen mit mir ganz viele andere Yogalehrer und Menschen mit denen ich auf dem Weg bin. Um Mantras einem breiteren Publikum und auch ins besondere meinen Yogaschülern zugänglicher zu machen, habe ich vor einer Weile spezielle Mantrablätter entworfen. Auf diesen hübschen Seiten befinden sich mehrere Mantras und ihre jeweiligen Bedeutungen. So kannst du zum Beispiel auch für dich daheim die Bedeutung durchlesen und dich in deiner eigenen Praxis darauf konzentrieren. Hier findest du weitere Infos und Vorschaubilder zu diesen Mantrablättern. Muss es wirklich sein, dass man diese Mantras singt? Jein. Also Grundsätzlich kannst du sie auch ohne zu singen einfach sprechen. Das ist absolut legitim und wird bei der 108 maligen Wiederholung von vielen so gelebt. Ich persönlich jedoch empfinde es in meinem Körper viel intensiver, wenn ich singe. Singen hat einfach nochmal eine ganz eigene Energie. Forscher sind sich darin einig, dass singen auf psychischer Ebene befreiend, stimmungshebend sowie harmonisierend wirkt und das Selbstbewusstsein stärkt. Es können jedoch auch körperlich positive Wirkungen ausgemacht werden, beispielsweise eine erhöhte Immunabwehr und mehr Lungenvolumen. Dies alles und auch mein eigenes Körpergefühl bestätigen mich sehr darin, Mantras in meinen Yogastunden zu singen und meine Schüler darin zu bestärken, ihrer Stimme ausdruck zu verleihen. Vielleicht erst eher leise und dann hoffentlich immer lauter. In ganz Deutschland gibt es so viele, die mit Depressionen oder mit Minderwertigkeitsgefühlen kämpfen. So viele, die das Gefühl haben sich kein Gehör zu verschaffen. Mantra chanten ist ein wunderbar vielfältiges Heilmittel für eben dies. Aber was, wenn du dich beim Singen unwohl fühlst? Musst du bei mir singen? Nein, natürlich nicht. Es wirkt ja auch auf dich ein, wenn es "nur" von außen kommt. Ich starte die Stunde immer so, dass ich nach einer kurzen Anfangsentspannung ein Mantra 5-6 Mal im Sprechgesang chante. Du kannst dabei auch ganz entspannt auf deinem Meditationskissen sitzen, die Augen schließen und einfach nur zuhören. Wenn das gerade dein Weg ist, ist das absolut in Ordnung. Gerade in meiner ersten Yogastunden wurde ich damit konfrontiert, dass ein junger Mann, der mit Yoga noch keinerlei Erfahrungen gemacht hatte, sich ziemlich an dem Mantrasingen gestört hat. Das war für ihn zu viel des Guten. Ich respektiere es natürlich, dass jeder einen anderen Zugang hat und nicht jedem alles liegt. Für mich wären ein Yogaunterricht ohne diese kurzen Momente mit dem Mantra wiederum unvollständig, weil es so wohltuend ist. Insofern lade ich dich wieder einmal auf ein kleines Experiment ein. Lass es auf dich wirken und beobachte, was es mit dir macht. Wer weiß: Vielleicht wirst du es eines Tages genauso lieben, wie ich. Herzensgrüße Deine Eszter * Die Definition stammt neben meinen eigenen Erläuterungen von: https://neueswort.de/mantra/ und https://de.wikipedia.org/wiki/Mantra *² Die spirituelle Defintion stammt von: https://wiki.yoga-vidya.de/Mantra
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